Darstellende Geometrie II
Auf der Basis der in Darstellender Geometrie I erarbeiteten Kenntnisse werden in diesem Fach die weitere Grundlagen in Darstellender Geometrie und Perspektive vermittelt. Nach der Anwendung der Methode der Parallelprojektion zum Zeichnen Normaler Axonometrien, bei denen die Projektionsrichtung senkrecht zur Bildebene steht, bildet die Abbildungsmethode der Zentralprojektion das Hauptthema der Lehrveranstaltung. Die geometrischen Grundlagen der Architekturperspektive werden vermittelt.
Basis des Verständnisses der Abbildungsmethode bildet der Begriff des Fluchtpunktes. Schattenkonstruktionen und Spiegelungen in der Perspektive ermöglichen, realistische Licht- und Materialverhältnisse wiederzugeben und die räumliche Wirkung der Darstellung zu erhöhen. Kenntnisse über Fotorekonstruktionen und Fotomontagen bilden die Voraussetzung zur Anwendung auf Entwurfprojekte. Perspektiven mit geneigter Bildebene stellen die üblichen Perspektiven mit vertikaler Bildebene in einen umfassenderen Zusammenhang.
Ein grundlegendes Verständnis der Zentralprojektion und ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Architektur sollen durch diese Veranstaltung vermittelt und in Zeichnungen umgesetzt werden. Der Vergleich der Perspektive mit der normalen Axonometrie eines Gebäudes lässt die unterschiedlichen Wirkungen auf den Betrachter und damit die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten erkennen.
Vorlesungen und Übungen zu folgenden Themen:
Normale Axonometrie · Einführung in die Zentralprojektion · Rolle der Architekturperspektive · Durchstoß- und Spurpunkt-Fluchtpunktmethode · Zentralprojektion ebener Figuren · Kollineation · Wahl der Parameter einer Perspektive · Teilen und Messen in der Perspektive · Perspektives Bild eines Kreises · Licht und Schatten in der Perspektive · Schatten bei künstlicher Beleuchtung · Spiegelung in der Perspektive · Fotorekonstruktion · Fotomontage · Perspektiven mit geneigter Bildebene
Das Fach wird ab SS 2022 mit veränderten Inhalten durch das Fachgebiet Architektonische Darstellung, Prof. Alexander Bartscher, weitergeführt.
3D-Modelle mit Animationen zu den Beispielen in Vorlesung und Übung gibt es auf der Plattform Sketchfab zur Unterstützung der räumlichen Vorstellung:
zum Buch "Geometrische Grundlagen der Architekturdarstellung": Sketchfab CornelieLeopold
zur Aufgabensammlung: Sketchfab DarstellendeGeometrie
Beispiele der 1. Übung zum Thema: Normale Axonometrie und Perspektive eines Gebäudes im Vergleich
Thema der Aufgabe war, die Leavengood Residence in Florida von Paul Rudolph, entworfen und gebaut 1950/51, in einer Normalen Axonometrie und einer Perspektive mit vorgegebenen Parametern darzustellen. Den Studierenden wurden zwei Varianten der Darstellung des Gebäudes von zwei verschiedenen Seiten zugeteilt. Die Normale Axonometrie knüpft an das Wintersemester an, in dem die Abbildungsmethode der Parallelprojektion im Mittelpunkt stand und stellt sie der Perspektive auf Grundlage der Abbildungsmethode der Zentralprojektion gegenüber. Beiden Darstellungsarten ist gemeinsam, dass die Bildebene senkrecht zur Blickrichtung bzw. Projektionsrichtung steht. Trotzdem ergeben sich völlig verschiedene Wirkungen und Einsatzmöglichkeiten der Darstellungsarten, da die Axonometrie die Proportionen erhält, während in der Perspektive die Darstellung von einem Betrachterstandpunkt aus erfolgt und damit Proportionen nicht erhalten bleiben. Entsprechend der Konstruktionszeichnungen werden Präsentationszeichnungen erstellt. Die vielen faszinierenden perspektivischen Zeichnungen Raul Rudolphs dienten als Vorbilder.
Beispiele der 2. Übung zum Thema: Messen, Teilen und Bild eines Kreises in Perspektive
Das Kimbell Art Museum in Dallas, Texas, entworfen 1966 von Louis Isadore Kahn, in einer Perspektive, zwei Varianten, darzustellen, war Thema der 2. Übung. Das Museum wurde 1972 eröffnet.
Beispiele der 3. Übung zum Thema: Außen- und Innenraum-Perspektiven mit Schatten
Das im Architekturprojekt I entworfene Bootshaus des Ruderclubs am Neckar in Mannheim sollte in einer Außen- oder Innenraumperspektive mit realistischer Aughöhe und vertikaler Bildebene unter Berücksichtigung von Licht und Schatten, sowie der evtl. sichtbaren Wasserspiegelung konstruiert werden.
Die Aufgabenstellung und Betreuung des Architekturprojektes I erfolgte durch die Fachgebiete Baukonstruktion I (Vertretungsprofessor Benjamin Widmer) und Methodik des Entwerfens (Prof. Dirk Bayer),
Die Perspektiven sollten für den Entwurf aussagekräftig und konzeptunterstützend. Die Perspektiv- und Lichtparameter sollten von den Studierenden selbst sinnvoll und realistisch gewählt werden.
Auf der Grundlage der Konstruktionszeichnungen wurden die Präsentationszeichnungen mit Gestaltungselementen zur Tiefenwirkung erstellt.
Beispiele der 1. Übung zum Thema:
Normale Axonometrie und Perspektive einer Gebäudestruktur im Vergleich
Auf der Grundlage eines entworfenen Typenserienhauses nach Walter Gropius' "Baukasten im Großen" wurde dieses vergleichend in einer Normalen Axonometrie und einer Perspektive dargestellt.
Zusammen mit seinem Büro entwickelte Walter Gropius ein System von sechs simplen Raumkörpern, auch genannt „Baukasten im Großen“, welches die Anlagerung und Stapelung von barrenartigen Raummodulen erlaubte. Somit konnten unterschiedliche Häuserformen entwickelt werden. Dies sollte die Forderung nach „größtmöglichster Typisierung (Wirtschaftlichkeit) und größtmöglichster Variabilität der Wohngebäude“ aufrecht erhalten. Er lies hier unterschiedliche Varianten entwickeln und axonometrisch sowie in Ansichten zeichnen.
Die Studierenden entwickelten ihre Gebäudestruktur in einem digitalen 3D-Modell aus den vorgegebenen Baukasten an Körpern und in einer Darstellung in zugeordneten Normalrisse, Grund-, Auf- und Kreuzriss. Dann erfolgte die Darstellung der entworfenen Gebäudestruktur in Normaler Axonometrie und Perspektive.
Beispiele der 2. Übung zum Thema:
Messen und Teilen in der Perspektive
Das Visual Arts Center in Navan, Irland, wurde 2006 von „Grafton Architects“ entworfen und gebaut. Das Büro mit Yvonne Farrell und Shelley McNamara erhielt 2020 den Pritzker Preis.
Die historischen Städte Irlands verfügten meistens über ein zentrales Gebäude oder einen zentralen Platz um die sich die Stadt aufgebaut hat. Auch Navan hatte einen solchen Platz, der jedoch kurz vor dem Bau des Visual Arts Center nur noch als Parkplatz benutzt wurde. Um die Stadt neu zu beleben, wurde das Visual Arts Center, Theater, Gerichtsgebäude und Galerie an diese Stelle gesetzt.
Dieses vereinfacht vorgegebene Gebäude wurde in drei Varianten in einer Perspektive dargestellt. Die Fassade sollte mit Hilfe des Messpunktverfahrens konstruiert werden. Bäume bzw. Straßenlaternen wurden unter Verwendung eines Teilungspunktes eingefügt.
Auf der Grundlage der Konstruktionszeichnung wurde eine Präsentationszeichnung mit Gestaltungselementen erstellt.
Beispiele der 3. Übung zum Thema:
Außen- und Innenraum-Perspektiven mit Schatten
Der im Architekturprojekt I entworfene Tanzsaal, Aufgabe und Betreuung durch die Fachgebiete Baukonstruktion I (Prof. Stephan Birk) und Methodik des Entwerfens (Prof. Dirk Bayer), wurde in einer Außen- und Innenraum-Perspektive mit realistischer Aughöhe und vertikaler Bildebene unter Berücksichtigung von Licht und Schatten dargestellt werden.
Die Perspektiven sollten für den Entwurf aussagekräftig und konzeptunterstützend sein sowie die Perspektiv- und Lichtparameter von den Studierenden selbst sinnvoll und realistisch gewählt werden.
Auf der Grundlage der Konstruktionszeichnungen wurden die Präsentationszeichnungen als Bleistiftzeichnungen mit Gestaltungselementen zur Tiefenwirkung und eines atmosphärischen Ausdrucks erstellt.