Symposium Strukturelles Denken in der Architektur
Internationales Symposium 2010
Strukturelles Denken in der Architektur / Structural Thinking in Architecture
Am 9. Juni 2010 fand im Fachbereich Architektur der TU Kaiserslautern ein Internationales Symposium zum Thema „Strukturelles Denken in der Architektur“ statt. Ausgehend von den Strukturalismus-Strömungen der 60er Jahre, insbesondere dem kybernetischen Ansatz, der sich auf mathematische Denkweisen bezieht, wurde diskutiert, inwiefern heute diese Ansätze unter dem Aspekt digitaler Werkzeuge wieder aufgegriffen werden können. Vertreter unterschiedlicher Fachgebiete, u.a. von den Partnerhochschulen in Milano (Prof. Dr. Luigi Cocchiarella) und Madrid (Prof. Dr. Mayka García Hípola), stellten ihre Forschungen zum Thema vor.
Die Abstracts wurden in einem Handout publiziert.
Was ist überhaupt eine Struktur? Diese ist die Gesamtheit der Elemente eines Systems mit ihrer Funktion und ihren Beziehungen. Es wurde auf die Systemtheorie Bezug genommen, die diese Zusammenhänge zwischen Struktur und System entwickelte. Ausgehend von Ordnungsstrukturen und dem von Norbert Wiener eingeführten Informationsbegriff entwickelte der Philosoph Max Bense bereits in den 60er Jahren eine exakte Ästhetik, die es ermöglichte einen ästhetischen Zustand zu berechnen. Mathematisch strukturelles Denken wurde mit der Ästhetik und der Gestaltung verknüpft. Die Metawissenschaften wie Systemtheorie, Kybernetik, Ästhetik und Semiotik bilden das Fundament für strukturelle Betrachtungen in der Architektur. Die Möglichkeiten dieses interdisziplinären Ansatzes in Bezug auf Architektur wurde aus der Sicht verschiedener Disziplinen beleuchtet: Philosophie, Semiotik, Linguistik, Geometrie, Kunst und regelbasiertes Entwerfen. Die theoretisch struktureller Ansätze in der Architektur wurde an Gestaltungsbeispielen dargestellt: ein modulares Wandsystem, ein „elastischer Grundriss“ auf der Basis einer Grundrissdatenbank und das komplexe System des Hauses als Ganzes, das in dem neuen Fachgebiet Hauskybernetik hinsichtlich eines energieeffizienten und ressourcenschonenden Gebäudeentwurfs thematisiert wird.
In einer Diskussionsrunde am Nachmittag wurden die Bezüge zwischen den Vorträgen hergestellt. Vor allem zwei Punkte wurden diskutiert:
1. Warum sind die strukturellen Bewegungen der 60er Jahren nicht mehr weiterverfolgt worden? Grund dafür, so Hermann Edel, seien schlecht ausgeführte Architekturbeispiele wie die Plattenbauten und die Wendung der Moderne zur Kunst und nicht zur Wissenschaft.
2. Wo kann heute unter neuen Aspekten an diese Ansätze angeknüpft werden? Gebaute gute Architekturbeispiele zu sammeln, nach Kriterien zu klassifizieren kann die Grundlage bilden, um dann die destillierten Strukturen auch mit digitalen Werkzeugen für den Architekturentwurf nutzbar zu machen.
Passend zum Thema fand im Foyer von Gebäude 1 eine Ausstellung statt: „Ästhetische Anordnungen“, Bilder von Hermann Edel, Darmstadt; „Es war einmal ein Würfel…“, Würfelzerlegungen und Neukompositionen von Studierenden des Seminars „Zerlegen und Strukturieren“ des Fachgebietes Darstellende Geometrie sowie „Raumgewächs“, Arbeiten von Studierenden aus dem Fachgebiet Künstlerisches Gestalten.
Der Tag schloss mit dem Vortrag „Fritz Haller und der Mikrochip. Architektur zwischen Struktur und Infrastruktur“ im Rahmen der Reihe Architektur-Positionen. Georg Vrachliotis, damals ETH Zürich, heute TU Delft, stellte die Arbeiten von Fritz Haller vor, der zu den wichtigsten Vertretern einer als (Bau-)System gedachten Architektur zählt.
Das Symposium wurde von Joaquín Medina Warmburg, Fachgebiet Baugeschichte und Cornelie Leopold, Fachgebiet Darstellende Geometrie initiiert und organisiert.
Die Vorträge wurden in dem Buch publiziert:
mit Beiträgen von
Joaquín Medina Warmburg, Cornelie Leopold, Hermann Edel, Mayka García Hípola, Claus Dreyer, Luigi Cocchiarella, Luc Merx, Angèle Tersluisen, Georg Vrachliotis, Matthias Castorph und Benjamin Dillenburger.